In seinen einleitenden Sätzen gab Diözesanrats-Vorsitzender Tim Kurzbach das Ziel der Versammlung vor: „In der gegenwärtigen Zeit geschieht so viel Dunkles in dieser Welt und besonders auch in unserer Kirche. Das verunsichert die Menschen zutiefst. Es wäre gut, wenn der heutige Abend mehr Licht als Schatten bringen würde“. Sodann begrüßte Kurzbach den Generalvikar des Erzbistums Köln, Monsignore Dr. Markus Hofmann, sowie die beiden Juristen Professor Matthias Jahn, Richter am OLG Frankfurt und Professor Dr. Björn Gercke, der nun für das neue Gutachten beauftragt wurde.
Namen offenlegen
Nach seiner Aussage, teile Generalvikar Hofmann die Meinung des Diözesanrates, auch weiterhin die Namen von Verantwortlichen im Erzbistum Köln offen zu legen, die Vertuschung im Missbrauchsskandal erst möglich gemacht haben. Dazu gehöre jedoch, so Hofmann, dass diese Aufklärung sachlich und juristisch einwandfrei sein muss. Das neuerliche Gutachten, der Kölner Anwaltskanzlei Gercke, soll im März 2021 vorgestellt werden. Diese Vorstellung des Gutachtens würde für das Erzbistum Köln ungemütlich, so Prof. Dr. Björn Gercke. Das Münchener Gutachten, welches zuvor in Auftrag gegeben wurde, weise massive Mängel auf und die moralische Verantwortung gerät darin in den Hintergrund, so Prof. Dr. Jahn, der mit der Begutachtung des Vorgangs der Anwaltskanzlei Westphal Spilker Wastl von Seiten des Erzbistums betraut wurde. Eine abschließende Beratung war der Versammlung nicht möglich, da die Gegenseite nicht gehört werden konnte.
Die Anwaltskanzlei Gercke habe den identischen Auftrag vom Erzbistum Köln erhalten.
Handlungsbedarf besteht
Den sehr ausführlichen Statements der drei Gäste folgte die Einlassung der stellvertretenden Vorsitzenden Bettina Heinrichs-Müller: „Damalige Entscheidungsträger müssen nun Verantwortung übernehmen und organisatorische und systematische Fehler der Kirche sind nun aufzudecken“, bekräftigte sie. Nur so wäre der Weg frei für eine wirkliche Aufklärung im Erzbistum Köln. Damit zitiert sie aus der aktuellen Stellungnahme des Diözesanrates vom 13.11.2020 (Anm.d.R.: siehe Anhang oder www.dioezesanrat.de). „Wir stehen erst am Anfang eines Prozesses, der noch viel Geduld, Offenheit und mehr Ehrlichkeit erfordert“, so Heinrichs-Müller. Die Versammlung machte deutlich, wo noch Fragen offen sind und Handlungsbedarf bestünde: Die Opferperspektive ist aus dem Blick geraten, wann geschieht ein öffentliches „Schuldbekenntnis“ von Erzbischof Woelki sowie die Entschädigungszahlung von maximal 50.000 Euro sollten noch einmal überdacht werden, denn den Menschen müsse ein Leben lang geholfen werden.
Pastoraler Zukunftsweg
Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung, begrüßte Tim Kurzbach Vera Krause (Erzbistum Köln) und erneut Generalvikar Hofmann zum Thema Zielbild 2030 des „Pastoralen Zukunftswegs“. Beide Gäste stellten einen ersten Teil des Entwurfes des Zielbildes vor, welches im Januar mit Einlassungen auch des Diözesanrates veröffentlicht werden soll. Das Zielbild soll sodann ein vielfältiges, kirchliches Leben im Erzbistum Köln voranbringen. „Für mich kommt diese Vorstellung so vor, als wenn wir die ganzen letzten Jahre nichts in unseren Pfarrgemeinden und Verbänden gemacht hätten“, so der Einwurf aus dem digitalen Plenum. Dies sei so nicht gemeint, so Vera Krause. Vielmehr solle geschaut werden, wo wir als Christ*innen gemeinsam lebendige Kirche in der Zukunft sein können und wollen.
Die Diskussion war nach dem Vortrag von Vera Krause und Generalvikar Hofmann erwartet lebendig. Vielfach kam dabei zum Ausdruck, dass das Gefühl bestünde, als Christ*innen vom Erzbistum Köln nicht wahrgenommen zu werden. Zudem habe man die Befürchtung, dass der ländliche Raum bei der Neuausrichtung der Kirche von Köln an Bedeutung verliere. Zudem musste festgestellt werden, dass Jugendliche ihren Blick von Gott und seiner Botschaft abgewendet hätten und damit uns als Kirche verloren gehen.
Die Meinung der Versammlung war zudem, dass man nur gemeinsam und vorwurfsfrei eine zukunftsorientierte Zusammenarbeit realisiert bekomme. „Wir müssen vor Ort in den Gemeinden und Verbänden wieder die Emotionen für den Glauben wecken“, brachte ein Teilnehmender ein. Dafür müssen auch Alternativen zum jetzigen Zielbild denkbar sein.
Vertrauen gewinnen
„Wir sind sicherlich noch nicht auf der Stufe, dass alle für den gemeinsamen Weg motiviert sind“, so Kurzbach und erneuert sein Gesprächsangebot an die Bistumsleitung: „Wir möchten mit ihnen immer in einem guten Austausch bleiben. Sie bekommen von uns ein ehrliches Feedback und eine konstruktive Rückmeldung. Wir wünschen uns aber auch, dass unsere Anmerkungen angenommen und aufgenommen werden. Lassen sie uns gemeinsam überlegen, wie wir in der Fläche Vertrauen für die Veränderung erzielen“.
Nach vier Stunden ging eine digitale Vollversammlung zu Ende, die erneut deutlich machte, dass in einem zu entwickelnden, echten Miteinander die Zukunft liegt
Köln, den 01.12.2020
Zum Link zur Stellungnahme "Die Wahrheit muss auf den Tisch..." geht es hier